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Raketengeschichten

Freitag, 24. Februar 2012

Auf unserer Hosting-Plattform Uberspace.de gibt’s eine neue Rakete im Logo. Gleich vorweg, hier der Vorher-Nachher-Vergleich:

alt neu

Ein bisschen runder, ein Fenster mit Aussicht (wer braucht das nicht!), aber vor allem: Nun wirklich in keinster Weise mehr mit einer Tim-und-Struppi-Rakete verwechselbar.

Wir hatten das auch zuvor nicht wirklich gesehen. Unsere Rakete war ein selbstgezeichneter Entwurf eines Grafikers bei web://contact, der nicht auf der besagten Rakete basierte, sondern vielmehr Anlehnung an die klassische Aggregat 4 (auch bekannt als „V-2“) nahm – ein weithin bekanntes Design von Wernher von Braun von 1939, das offenbar auch Tim-und-Struppi-Zeichner Hergé als Inspiration diente:

… An unmanned subscale prototype of the rocket — the „X-FLR6“, resembling a V-2 rocket — is launched on a circumlunar mission to photograph the far side of the Moon …

Aus unserer Sicht bestand hier auch eine deutliche Abgrenzung – ein anderes Karomuster (2×2 statt 5×2), keine schwarzen Trennlinien zwischen den Karos, ein deutlich anderes Größenverhältnis zwischen Korpus und Flügeln … aber dennoch bekamen wir dann kürzlich Post des Verlags, der die Rechte an den Tim-und-Struppi-Cartoons hält, mit dem Hinweis auf eine unberechtigte Verwendung von Elementen des von Hergé gezeichneten Cartoons und der Aufforderung, jene zu entfernen.

Wir haben dies lange im Team und auch mit der Designagentur besprochen. Einerseits sind wir überzeugt davon, hier keine Rechtsverletzung begangen zu haben – nicht zuletzt, weil das Design, an dessen unsere Rakete Anlehnung fand, schon deutlich älter war ist als der betreffende Cartoon, und weil der Verlag wohl kaum Rechte an jeglicher gezeichneter Comic-Rakete haben kann, selbst dann nicht, wenn sie rot ist. Oder eben auch Karos hat. Andererseits haben wir auch kein Interesse an einem langwierigen und kostenintensiven Rechtsstreit, dessen Ausgang – subjektiv wie solche grafischen Bewertungen nun mal sind – für beide Seiten ungewiss sein dürfte. Last but not least trat der Verlag nicht über eine Anwaltskanzlei mit einer teuren Kostennote und hohen Schadensersatzforderung an uns heran, sondern mit einem eigenen Schreiben mit der schlichten Aufforderung, die beanstandete Rakete zu entfernen und zuzusichern, sie künftig nicht mehr zu verwenden. Heutzutage, wo man ja eigentlich mit allem, was man im Web veröffentlicht, schon mit einem Bein im Knast steht, fanden wir das einen ausgesprochen fairen und seriösen Umgang, den wir mit einem entsprechenden Entgegenkommen auch würdigen wollten.

Rechtsanwalt Jochen Kuschert, der in unserem Auftrag die Situation rechtlich einschätzte, ergänzte seine Stellungnahme mit einer Anmerkung, die weniger der konkreten Rechtsprechung, sondern wohl eher der juristischen Alltagserfahrung geschuldet ist:

Möglich und oft auch üblich ist aber auch, dass von Rechteinhaber vorschnell oder „bewusst“ nicht existierende Ansprüche geltend gemacht werden, um möglichst viel „Freiraum“ zwischen den eigenen Werken und anderen Werken zu schaffen. Denn die rechtlichen Unwägbarkeiten bestehen auf beiden Seiten.

Wir haben daraufhin entschieden, eine Änderung des Designs unserer Rakete zu beauftragen, die seit heute morgen sowohl im Logo als auch im Fuß der Seite entsprechend ausgewechselt wurde. Unser Antwortschreiben an den Verlag dokumentieren wir hier:

Dear […],

thanks a lot for contacting us.

We’re really sorry to hear that you consider the Uberspace.de rocket as a look-alike of the TINTIN rocket from the HERGE comic strip series. Please be assured that we’re trying to solve your concerns in all conscience.

Simply said, the Uberspace.de rocket is not based on the TINTIN rocket, and it differs from it in many aspects:

The TINTIN rocket, for example, …

– has a 5×2 tile set
– uses black lines to separate the tiles from each other
– has enormous wings
– has an antenna at the top

However, the Uberspace.de rocket …

– has a 2×2 tile set
– doesn’t use black lines to separate the tiles
– has much smaller wings
– does not have an antenna at the top

The Uberspace.de rocket resembles the design of the well-known „Aggregat 4“ rocket used in World War II, also known as „V2“, which is a Wernher von Braun design from 1939 and thus nearly 15 years older than the creation of HERGE.

It’s obvious that HERGE has been heavily inspired by the V2, too, but in fact it would be hard to make a comic adaption of the V2 that would *not* have some similarities with the TINTIN rocket.

While we really feel confident that the Uberspace.de rocket isn’t a TINTIN rocket look-alike, we clearly understand that you’d prefer a design which has more „distance“ from the TINTIN rocket. As we’re not interested in a legal dispute – especially because many of our team members are fans of the TINTIN comics, including myself – we have worked together with our designers to create a new rocket for use in both our logo as well as in our footer image.

The new rocket design:

– still differs in all aspects mentioned above
– has an even more different shape with a heavily rounded down top (while the TINTIN rocket has a spiky top)
– stretches the 2×2 tile set throughout the rocket’s body (while the TINTIN rocket encloses its 5×2 tile set by a top and bottom which is completely red)
– adds a black bull’s-eye (which the TINTIN rocket doesn’t have at all)

Summarized, the modified Uberspace.de rocket now has even larger differences from the TINTIN rocket, and we’re pretty sure that nobody would falsely identify the Uberspace.de rocket as a TINTIN rocket.

That being said: While we can provide you with a written undertaking that we won’t, at any time in the future, use any image of a rocket that *might* be mistaken for a TINTIN rocket by an untrained eye, we really can’t acknowledge an injunctive relief against the use of any strip, character, name and symbol, as we have never used (or misused) one of these in the past.

I therefore propose the following phrase:

„I, Jonas Pasche, will not, at any time in the future, use any image of a rocket that might be mistaken for a TINTIN rocket.“

Please let me know if you agree with that phrase or if you still have any concerns.

Best regards,
Jonas Pasche

Wir werden sehen, ob die Angelegenheit damit erfolgreich abgeschlossen werden kann oder nicht.

In den Fängen der Printus-Gruppe

Dienstag, 11. Januar 2011

Für viele Unternehmen ist der Handel mit den Adressen der Kunden schon lange ein florierendes Geschäft, und genauso lange ärgere ich mich auch schon darüber (was auch der Grund dafür ist, dass Adresshandel mit unseren eigenen Kundendaten nicht in Frage kommt).

In den positiven Fällen wird man im Verlauf einer Bestellung ausdrücklich gefragt, ob man damit einverstanden ist, dass die Daten auch an andere Unternehmen weitergegeben werden. Das ist ohne Frage die kundenfreundlichste Variante, insbesondere, wenn es hierbei um eine Checkbox geht, die nicht automatisch vorausgewählt wird.

Was aber ist, wenn das nicht der Fall war? Diese Frage stellte ich mir, nachdem ich letzte Woche überraschend einen anderthalb Zentimeter dicken Katalog von Printus ins Haus flatterte (sofern man bei diesem Umfang noch von „flattern“ sprechen kann), einen Tag darauf noch einer vom gleichen Kaliber von Büro Plus, und noch einige Tage später ein weiterer Wälzer von Office Discount. Insgesamt also rund 5 Zentimeter, die jetzt meinen Altpapiercontainer freuen. Auffällig ist, dass alle drei Kataloge praktisch die gleiche Dicke haben und auch eine vergleichbare Aufmachung. Auch ist das Anschriftenfeld jeweils in identischem Aufbau und identischer Qualität bedruckt; nur die ID-Nummern, die offensichtlich meinen Datensatz identifizieren, unterscheiden sich. Was wiederum identisch ist, ist die dreistellige Nummer in der rechten unteren Ecke, die, wie ich nun weiß, die Datenquelle angibt – in meinem Fall die Firma Tintenfux, bei der ich kürzlich Toner bestellt habe.

Ich muss Printus und Office Discount zugute halten, dass beide Unternehmen auf meine Anfrage nach der Herkunft meiner Daten zügig und vollumfänglich geantwortet haben. Der anfängliche Eindruck, dass die Unternehmen doch irgendwie zusammengehören müssen, bestätigte sich zumindest für diese beiden (Büro Plus hat bisher nicht geantwortet): Die Antwortschreiben beider Unternehmen, die mich darum bitten, noch die dreistellige Nummer aus dem Adressfeld mitzuteilen, sind bis aufs Wort identisch.

Spannend hierbei finde ich, wenn Unternehmen HTML-Mails erstellen und dabei ein wenig stümperhaft arbeiten. Ein im Text eingefügtes „www.office-discount.de“ wird nämlich offensichtlich automatisch zu einem Link – nur dass ein Link, dem die Protokollangabe http:// fehlt, nicht etwa den Host dieses Namens aufruft, sondern eine Datei dieses Namens, relativ zum aktuellen Verzeichnis. Und weil das Mailprogramm „schlau“ ist und weiß, dass beim Versand einer Mail das relative Verzeichnis unter die Räder käme … notiert es das mit im Link, der somit lautet:

file:///\\schmid.local\VOL1\daten\pr\ks\ZAB\Datenschutzformulierungen\www.office-discount.de

Und bei Printus ist es natürlich genauso falsch, und – Überraschung – bis ins vierte Unterverzeichnis völlig identisch:

file:///\\schmid.local\VOL1\daten\pr\ks\KrampfeS\www.printus.de

Etwas Recherche später ist auch klar: Printus, Office Discount und Büro Plus haben auch jeweils die selben Geschäftsführer, und auf Nachfrage bestätigte mir auch Office Discount, dass auch Tintenfux selbst zur Unternehmensgruppe gehört:

Ihre Anschrift haben wir von der Firma tintenfux erhalten. Die Firmen büroplus, Hamburg; office discount, Neufahrn; Printus, Offenburg und tintenfux, Offenburg gehören zu einer Unternehmensgruppe, sind jedoch rechtlich selbständige Unternehmen. Wir gingen davon aus, dass die Angebotspalette auch aus den Katalogen für Sie von Interesse sein könnte.

Sonderlich weit ist meine Adresse also nicht gereist.

Die Frage, die sich mir nun stellte, war: Dürfen die meine Daten weitergeben? Denn wie Office Discount selbst schreibt: Auch wenn alle Unternehmen die gleichen Geschäftsführer haben, so sind es ja dennoch unterschiedliche juristische Personen, deren Datenaustausch den Vorgaben des Bundesdatenschutzgesetzes genügen muss.

Wie so oft poltern in Foren genervte Werbeempfänger und kloppen sich mit Hobby-Anwälten, wobei sich das Niveau der Diskussion oft auf „Ich glaube“ und „Es gab da mal ein Urteil“ und „Mein Bekannter hat gesagt“ reduziert und das, was dann wirklich Klarheit bringen könnte, außen vor bleibt: Nämlich die Quelle. Deshalb bringe ich die jetzt. Erstmal den rohen Gesetzestext, § 28 Abs. 3a BDSG:

(3a) Wird die Einwilligung nach § 4a Absatz 1 Satz 3 in anderer Form als der Schriftform erteilt, hat die verantwortliche Stelle dem Betroffenen den Inhalt der Einwilligung schriftlich zu bestätigen, es sei denn, dass die Einwilligung elektronisch erklärt wird und die verantwortliche Stelle sicherstellt, dass die Einwilligung protokolliert wird und der Betroffene deren Inhalt jederzeit abrufen und die Einwilligung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen kann. Soll die Einwilligung zusammen mit anderen Erklärungen schriftlich erteilt werden, ist sie in drucktechnisch deutlicher Gestaltung besonders hervorzuheben.

(Was nun folgt, ist keine Rechtsberatung. Dazu wäre ich als Nicht-Jurist auch nicht befugt. Es ist vielmehr eine Auseinandersetzung mit einem Gesetzestext auf Basis gesunden Menschenverstands, nicht auf Basis juristischer Qualifikation.)

Zunächst einmal für mich ein wenig überraschend: Es ist durchaus legitim für ein Unternehmen, die Einwilligung in die Weitergabe von Adressen nicht explizit einholen zu müssen. Es scheint vielmehr ausreichend, in seinen Vertragsbedingungen zu vermerken, dass der Kunde mit Auftragserteilung auch in eine Adressweitergabe zu Werbezwecken einwilligt – zumindest sofern die Schriftform zum Einsatz kommt.

Etwas fraglich erschien mir die Definition der Schriftform: Sind AGB, die auf der Rückseite eines Papierformulars aufgedruckt sind, anders zu behandeln, als AGB, die sich – oft nur sehr versteckt – auf einer Website finden? Nun, offensichtlich ist das tatsächlich so. Der Gesetzestext unterscheidet hier nun mal ausdrücklich zwischen der Schriftform (für die die Vorgabe, die Einwilligung in eine Datenweitergabe deutlich hervorzuheben, wohl unzweifelhaft ist) und „anderen Formen“, wobei bei jenen anderen Formen die elektronische noch eine Sonderstellung einnimmt. Die Pflicht zur „schriftlichen Bestätigung des Inhalts der Einwilligung“ dürfte daher nach meinem Verständnis beispielsweise bei einer telefonischen Einwilligung zum Tragen kommen, wo es auch durchaus Sinn ergibt, weil eine telefonische Einwilligung anders kaum nachgewiesen werden könnte.

Die Anforderungen an eine elektronische Einwilligung sind dann aber dementsprechend erstaunlich gering: Sie muss protokolliert werden (kein Problem – ohne AGB-Bestätigung würde ja sowieso die ganze Bestellung nicht ausgeführt), der Inhalt muss abrufbar sein (kein Problem – AGB steht im Web), und der Einwilligung muss widersprochen werden können (kein Problem – einfach noch ein Feld in der Datenbank). Über eine gesonderte Hervorhebung ist hier nichts zu lesen.

Damit wird in dieser Frage aus meiner Sicht schwammiges Terrain betreten. Denn ich habe ja nun gerade keine Einwilligung in der Form „[X] Meine Daten dürfen weitergegeben“ erteilt, sondern lediglich „[X] Ich akzeptiere die AGB“ angeklickt. Für die Schriftform sieht der Gesetzestext einen ausdrücklichen Passus für den Fall vor, dass die Einwilligung nicht ausdrücklich im Bestellformular steht, sondern in den AGB „versteckt“ wird. Aus welchem Grund sollte das gleiche Prinzip bei AGB auf einer Website nicht gelten?

An diesem Punkt wird wohl nur ein Rechtsanwalt verbindlichere Informationen zur Auskunft geben können, wobei sich selbst juristisch ausgebildete Personen in meinem Bekanntenkreis in der Beurteilung nicht sicher sind. Es läge also durchaus im Bereich des Möglichen, dass der von mir durchgeführte Vorgang schon überhaupt nicht als eine Einwilligung im Sinne des Gesetzes betrachtet werden kann, denn die Einwilligung wurde mir ja sozusagen „untergeschoben“. In ähnlich gelagerten Fällen wie beispielsweise der Zusendung eines Newsletters wurde inzwischen oft genug geurteilt, dass die Einwilligung dazu eben gerade nicht in AGB untergebracht werden darf, sondern explizit angefragt werden muss, z.B. mit einer Checkbox – und diese Checkbox darf auch nicht automatisch vorausgewählt sein.

Wenn doch schon für die Zusendung eines eigenen Newsletters nach einer Bestellung recht hohe Hürden aufgestellt werden, so würde mich doch sehr wundern, wenn eine Weitergabe von Daten an andere viel geringere Hürden besitzt; handelt es sich hierbei doch um einen weitaus schwerwiegenderen Eingriff in meine Datenhoheit.

So oder so muss ich zumindest bei den Vorgaben zur Schriftform immer ein wenig schmunzeln: Offensichtlich geht der Gesetzgeber ganz pragmatisch davon aus, dass die meisten Leute die AGB ohnehin maximal kurz überfliegen. Andernfalls wäre mir nicht erklärbar, wieso einzelne Passagen von Gesetz wegen besonders hervorgehoben werden müssen.

Festzuhalten bleibt aber: Kundenfreundlich ist eine untergeschobene Einwilligung zur Weitergabe der Adressen in keinem Fall. Insofern habe ich wenig Verständnis dafür, wenn Tintenfux nun „bedauert“, dass ihr Vorgehen bei mir zu „Verärgerung“ geführt hat. Dass Kunden es typischerweise nicht wünschen, dass ihre Daten zum Zweck der Werbung weitergegeben werden, ist ja nun kein Geheimnis. Wäre Tintenfux und mit ihm die ganze Printus-Gruppe wirklich daran interessiert, Kunden nicht zu verärgern, müssten sie eben vielleicht einfach mal Zufriedenheit über Profit stellen.

Recht gehabt – und Recht bekommen

Montag, 03. Mai 2010

Im September letzten Jahres hatte ich darüber berichtet, dass das Opfer einer Fax-Abzocke – natürlich nur fälschlicherweise – uns als Verantwortliche für diesen Betrug ausfindig gemacht zu haben meinte. Ärgerlich wurde die Sache dadurch, dass wir nicht nur mit falschen Anschuldigungen überzogen wurden, sondern zudem das Betrugsopfer auch noch angab, „unser“ Vorgehen an die Wettbewerbszentrale gemeldet zu haben.

Ich bin normalerweise ein friedliebender Mensch, und als solcher habe ich versucht, die Angelegenheit einfach mit einem kurzen Anruf zu klären. Nach der überraschenden Erkenntnis, die Anschuldigungen basierten darauf, dass „das doch so im Internet stehe“, resultierte das Telefonat letztlich aber nur in einer mündlichen Mittteilung, dass ich, wenn ich mit der Sache nichts zu tun hätte, das anschuldigende Schreiben doch einfach ignorieren solle. Das ging mir wiederum nicht weit genug – immerhin wurde darin ja auch geäußert, dass man mich bereits bei der Wettbewerbszentrale angeschwärzt habe. Ich äußerte also sowohl am Telefon als auch kurz darauf noch einmal schriftlich, dass ich durchaus darauf bestehen würde, die falsche Äußerung gegenüber der Wettbewerbszentrale zurückzunehmen.

Unverständlicherweise passierte dann – gar nichts, obwohl es doch trivial gewesen wäre, mit einem einfachen schriftlichen Widerruf einen Schlussstrich unter die Angelegenheit zu setzen, ohne Kosten, ohne Anwälte, ohne Gerichtsverfahren. Offensichtlich war das Gegenüber dazu aber nicht bereit, so dass ich an diesem Punkt dann anwaltliche Unterstützung hinzuzog und eine Unterlassungserklärung vorbereiten ließ. Doch auch die wurde von der Gegenseite nicht abgegeben. Vielmehr antwortete sie schriftlich, man habe „nie behauptet, dass …“ – was natürlich ein wenig unterhaltsam ist, weil mir exakt diese Behauptung zuvor nicht einfach nur schriftlich, sondern sogar per Einschreiben zugestellt wurde. Kurz, man behauptete, das alles nie behauptet zu haben, man hätte deswegen auch nichts zu unterlassen und würde deshalb auch keine Unterlassungserklärung abgeben, schon gar keine strafbewehrte.

Ich bat meinen Anwalt, doch noch ein letztes Mal dort anzurufen und denen zu erklären, dass das so nicht geht, und zu verdeutlichen, dass ich darauf bestehe, die falschen Anschuldigungen gegenüber der Wettbewerbszentrale zu widerrufen. Seine Antwort fiel knapp aus:

Frau $NAME war letzte Woche im Urlaub, deshalb habe ich sie heute erst erreicht. Sie war allerdings nicht bereit mit mir zu sprechen. Sie hat mir nur in einem aggressiven Tonfall mitgeteilt, ich solle doch bitte alles schriftlich einreichen. Offensichtlich kann man auf vernünftige Art und Weise mit $GEGENSEITE nicht kommunizieren.

Mir wurde die Sache zu bunt.

Unmittelbar vor der Verhandlung regte die Gegenseite an, ich solle meine Klage doch zurückziehen; man würde die Unterlassungserklärung dann eben unterschreiben, aber ohne Strafbewehrung, und jeder solle einfach nur seine eigenen Anwaltskosten tragen. Mein Blick muss wohl ziemlich ungläubig gewesen sein. Übrigens auch der Blick des Richters, als die Gegenseite vorbrachte, mit diesem Angebot doch „alles“ versucht zu haben, um ein Verfahren zu vermeiden. Die Ehre, das Verfahren von Anfang an zu vermeiden versucht zu haben, die käme ja wohl eher Herrn Pasche zu, waren glaube ich seine ungefähren Worte.

Ende letzter Woche traf nun das Urteil ein, dessen Lektüre mir dann doch ein kleiner innerer Reichsparteitag war:

[…]
Selbst wenn die von der Beklagten benannte Zeugin $NAME dem Kläger gegenüber telefonisch erklärt haben sollte, dass keine Forderungen gegen ihn geltend gemacht würden, was angesichts des weiteren Verhaltens der Beklagten und des Schreibens vom 30.10.2009 eher zweifelhaft erscheint, waren die in der E-Mail vom 28.9.2009 durch den Kläger aufgestellten Forderungen gegenüber der Beklagten berechtigt.
[…]
Das vorprozessuale Antwortschreiben vom 30.10.2009 auf das anwaltliche Unterlassungsbegehren ist teilweise inhaltlich unzutreffend und teilweise ausweichend formuliert. So wird unzutreffend erklärt, die Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt behauptet, dass der Kläger für das Register „Deutscher Registereintrag“ verantwortlich sei. Das Gegenteil ist zutreffend.
[…]
Die Begründung des Klägers in seiner E-Mail vom 28.9.2009, dass er sich mit einer mündlichen Erklärung einer Mitarbeiterin der Beklagten, er solle das Anschreiben einfach ignorieren nicht zufrieden geben könne, ist plausibel und nachvollziehbar. Es wäre der Beklagten ein Leichtes gewesen und hätte sie auch nichts gekostet, die berechtigten Forderungen des Klägers in der E-Mail vom 28.9.2009 zu erfüllen. […] Stattdessen hat sie es unverständlicherweise vorgezogen, auf die berechtigten Forderungen des Klägers überhaupt nicht zu reagieren. Dass dieser daher mit anwaltlichem Schreiben von der der Beklagten Unterlassung und Auskunft gefordert hat, ist vollkommen berechtigt. Der Beklagten wäre es somit ein Leichtes gewesen, das gesamte Verfahren zu vermeiden. Dass sie die ihr von dem Kläger angebotene Möglichkeit nicht wahrgenommen hat, erscheint schlechterdings unverständlich.
[…]

Quintessenz: Die Gegenseite muss unterlassen; sie muss meine vorprozessualen Anwaltskosten tragen, und sie muss fast die vollständigen Verfahrenskosten übernehmen. Einerseits tut’s mir ja leid, weil die Gegenseite ja schon durch den Fax-Abzocker geschädigt wurde. Aber andererseits kann man sich eben trotzdem unbeteiligten Dritten gegenüber nicht einfach aufführen wie die Axt im Walde. Dass ich friedliebend bin, heißt ja nicht, dass ich mich nicht zu wehren wüsste, wenn ich mir nichts habe zuschulden kommen lassen.

Mein Rechtsanwalt bestätigte, ich hätte das Glück gehabt, hier wirklich einmal nur die guten und funktionierenden Seiten des Rechtsstaats erleben zu dürfen. Hoffen wir, dass so schnell kein weiterer Anlass zu einer Klage besteht. Ich kann nicht behaupten, Gefallen daran gefunden zu haben.

Man kann’s ja mal versuchen … die Zweite

Montag, 07. Dezember 2009

Ist das zu fassen? Meine deutliche Antwort an den Versender der ersten Mail, dass ich wohl kaum einem anonymen Dritten gegenüber Informationen über meine Geschäftsbeziehungen geben werde, war wohl nicht genug. Heute geht es weiter:

Vorausgesetzt auch Sie gehören zum großen Kreis derer, die Ihren unbezahlten Rechnungen nachtrauern, vermutete ich Interesse, an einer minimalen unterstützenden Zusammenarbeit, die dann auch bezahlt würde.
Bitte entschuldigen Sie, wenn ich Unmut in Ihnen auslöste. Dies war nicht meine Absicht.
Da die Klage noch in Vorbereitung ist, wähle ich diesen Kontakt über einen Drittaccount. Bei den gesuchten Informationen handelt es sich um keine staatsanwaltlich relevanten. Es wird eine zivilrechtliche Klage im unteren 4-stelligen Bereich, die außerhalb des Insolvenzverfahrens gegen $FIRMA liegt.

Bitte entschuldigen Sie nochmals die Verwirrung.

Habe ich das richtig verstanden und mir wurde hier – wenig unverhohlen – Bezahlung für eine „unterstützende Zusammenarbeit“ angeboten (die dann, ausgehend von der ersten Mail, wohl in der Preisgabe vertraulicher Informationen bestehen sollte)?

Interessanterweise wurde diese zweite Mail im Gegensatz zur ersten nicht über einen der großen Internetprovider versendet, sondern aus einem kleinen IP-Netz einer Firma, die in einer gut zu $FIRMA passenden Branche arbeitet. Ich gehe also mal ganz mutig davon aus, dass ich hier sowieso nicht mit dem Anwalt eines Geschädigten kommuniziere, sondern mit dem Geschädigten selbst. Es ist natürlich möglich, dass er dennoch auch Anwalt ist, beispielsweise aus einer hauseigenen Rechtsabteilung, aber mein Gefühl sagt mir etwas anderes …

Ich habe nun die Geschäftsführung der Firma, aus deren IP-Netz diese zweite anonyme Mail stammt, dazu aufgefordert, derartige anonyme Belästigung aus ihrem Haus bitte zu unterbinden.

Man kann’s ja mal versuchen …

Sonntag, 06. Dezember 2009

Eben frisch in meiner Mailbox eingetroffen:

Sehr geehrter Herr Pasche,

ich bin auf der Suche nach Informationen über die Firma $FIRMA. Ein Mandant von mir klagt gegen diese wegen ausstehender Zahlungen.

Da uns leider noch Beweismaterial fehlt, recherchiere ich nun im Umfeld der Firma.
Mir wurde mitgeteilt, dass Sie die Homepage betreuen.

Stimmt das und wie stehen Sie zu dieser Firma?

Vielen Dank für eine Antwort!

Die Unterschrift habe ich nicht etwa weggekürzt – da war einfach keine. Auch ist der Absender eine nicht mit Klarnamen versehene Freemailer-Adresse. Da Absender ja den Eindruck macht, Rechtsanwalt zu sein, wenn er einen Mandanten vertritt, für den er eine Klage führt, erscheint das hoffentlich nicht nur mir reichlich fragwürdig. Was lässt denn ausgerechnet einen Rechtsanwalt (mal angenommen, das sei er wirklich) annehmen, ich würde freimütig einer anonymen Person Auskünfte über irgendwelche Kundenbeziehungen geben? Eine etwas merkwürdige Vorstellung von Datenschutz – aber man kann’s ja mal versuchen. Nur eben nicht bei mir.

Update: Es gibt inzwischen noch eine zweite Mail.


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