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Recht gehabt – und Recht bekommen

Montag, 03. Mai 2010

Im September letzten Jahres hatte ich darüber berichtet, dass das Opfer einer Fax-Abzocke – natürlich nur fälschlicherweise – uns als Verantwortliche für diesen Betrug ausfindig gemacht zu haben meinte. Ärgerlich wurde die Sache dadurch, dass wir nicht nur mit falschen Anschuldigungen überzogen wurden, sondern zudem das Betrugsopfer auch noch angab, „unser“ Vorgehen an die Wettbewerbszentrale gemeldet zu haben.

Ich bin normalerweise ein friedliebender Mensch, und als solcher habe ich versucht, die Angelegenheit einfach mit einem kurzen Anruf zu klären. Nach der überraschenden Erkenntnis, die Anschuldigungen basierten darauf, dass „das doch so im Internet stehe“, resultierte das Telefonat letztlich aber nur in einer mündlichen Mittteilung, dass ich, wenn ich mit der Sache nichts zu tun hätte, das anschuldigende Schreiben doch einfach ignorieren solle. Das ging mir wiederum nicht weit genug – immerhin wurde darin ja auch geäußert, dass man mich bereits bei der Wettbewerbszentrale angeschwärzt habe. Ich äußerte also sowohl am Telefon als auch kurz darauf noch einmal schriftlich, dass ich durchaus darauf bestehen würde, die falsche Äußerung gegenüber der Wettbewerbszentrale zurückzunehmen.

Unverständlicherweise passierte dann – gar nichts, obwohl es doch trivial gewesen wäre, mit einem einfachen schriftlichen Widerruf einen Schlussstrich unter die Angelegenheit zu setzen, ohne Kosten, ohne Anwälte, ohne Gerichtsverfahren. Offensichtlich war das Gegenüber dazu aber nicht bereit, so dass ich an diesem Punkt dann anwaltliche Unterstützung hinzuzog und eine Unterlassungserklärung vorbereiten ließ. Doch auch die wurde von der Gegenseite nicht abgegeben. Vielmehr antwortete sie schriftlich, man habe „nie behauptet, dass …“ – was natürlich ein wenig unterhaltsam ist, weil mir exakt diese Behauptung zuvor nicht einfach nur schriftlich, sondern sogar per Einschreiben zugestellt wurde. Kurz, man behauptete, das alles nie behauptet zu haben, man hätte deswegen auch nichts zu unterlassen und würde deshalb auch keine Unterlassungserklärung abgeben, schon gar keine strafbewehrte.

Ich bat meinen Anwalt, doch noch ein letztes Mal dort anzurufen und denen zu erklären, dass das so nicht geht, und zu verdeutlichen, dass ich darauf bestehe, die falschen Anschuldigungen gegenüber der Wettbewerbszentrale zu widerrufen. Seine Antwort fiel knapp aus:

Frau $NAME war letzte Woche im Urlaub, deshalb habe ich sie heute erst erreicht. Sie war allerdings nicht bereit mit mir zu sprechen. Sie hat mir nur in einem aggressiven Tonfall mitgeteilt, ich solle doch bitte alles schriftlich einreichen. Offensichtlich kann man auf vernünftige Art und Weise mit $GEGENSEITE nicht kommunizieren.

Mir wurde die Sache zu bunt.

Unmittelbar vor der Verhandlung regte die Gegenseite an, ich solle meine Klage doch zurückziehen; man würde die Unterlassungserklärung dann eben unterschreiben, aber ohne Strafbewehrung, und jeder solle einfach nur seine eigenen Anwaltskosten tragen. Mein Blick muss wohl ziemlich ungläubig gewesen sein. Übrigens auch der Blick des Richters, als die Gegenseite vorbrachte, mit diesem Angebot doch „alles“ versucht zu haben, um ein Verfahren zu vermeiden. Die Ehre, das Verfahren von Anfang an zu vermeiden versucht zu haben, die käme ja wohl eher Herrn Pasche zu, waren glaube ich seine ungefähren Worte.

Ende letzter Woche traf nun das Urteil ein, dessen Lektüre mir dann doch ein kleiner innerer Reichsparteitag war:

[…]
Selbst wenn die von der Beklagten benannte Zeugin $NAME dem Kläger gegenüber telefonisch erklärt haben sollte, dass keine Forderungen gegen ihn geltend gemacht würden, was angesichts des weiteren Verhaltens der Beklagten und des Schreibens vom 30.10.2009 eher zweifelhaft erscheint, waren die in der E-Mail vom 28.9.2009 durch den Kläger aufgestellten Forderungen gegenüber der Beklagten berechtigt.
[…]
Das vorprozessuale Antwortschreiben vom 30.10.2009 auf das anwaltliche Unterlassungsbegehren ist teilweise inhaltlich unzutreffend und teilweise ausweichend formuliert. So wird unzutreffend erklärt, die Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt behauptet, dass der Kläger für das Register „Deutscher Registereintrag“ verantwortlich sei. Das Gegenteil ist zutreffend.
[…]
Die Begründung des Klägers in seiner E-Mail vom 28.9.2009, dass er sich mit einer mündlichen Erklärung einer Mitarbeiterin der Beklagten, er solle das Anschreiben einfach ignorieren nicht zufrieden geben könne, ist plausibel und nachvollziehbar. Es wäre der Beklagten ein Leichtes gewesen und hätte sie auch nichts gekostet, die berechtigten Forderungen des Klägers in der E-Mail vom 28.9.2009 zu erfüllen. […] Stattdessen hat sie es unverständlicherweise vorgezogen, auf die berechtigten Forderungen des Klägers überhaupt nicht zu reagieren. Dass dieser daher mit anwaltlichem Schreiben von der der Beklagten Unterlassung und Auskunft gefordert hat, ist vollkommen berechtigt. Der Beklagten wäre es somit ein Leichtes gewesen, das gesamte Verfahren zu vermeiden. Dass sie die ihr von dem Kläger angebotene Möglichkeit nicht wahrgenommen hat, erscheint schlechterdings unverständlich.
[…]

Quintessenz: Die Gegenseite muss unterlassen; sie muss meine vorprozessualen Anwaltskosten tragen, und sie muss fast die vollständigen Verfahrenskosten übernehmen. Einerseits tut’s mir ja leid, weil die Gegenseite ja schon durch den Fax-Abzocker geschädigt wurde. Aber andererseits kann man sich eben trotzdem unbeteiligten Dritten gegenüber nicht einfach aufführen wie die Axt im Walde. Dass ich friedliebend bin, heißt ja nicht, dass ich mich nicht zu wehren wüsste, wenn ich mir nichts habe zuschulden kommen lassen.

Mein Rechtsanwalt bestätigte, ich hätte das Glück gehabt, hier wirklich einmal nur die guten und funktionierenden Seiten des Rechtsstaats erleben zu dürfen. Hoffen wir, dass so schnell kein weiterer Anlass zu einer Klage besteht. Ich kann nicht behaupten, Gefallen daran gefunden zu haben.

Wenn Verbraucherschutz in Rufschädigung mündet

Montag, 28. September 2009

Eine obskure Firma namens Elda CBC Srl. mit Postanschrift in Rumänien treibt neues Unwesen mit bekannter Masche: Per Fax bekommen Firmen Adressbucheinträge zur Ergänzung vorgeschlagen – und wer diese ergänzt zurücksendet, bekommt die Rechnung von über 2.000 Euro präsentiert. So alt, so bekannt. Dennoch fallen immer noch Firmen darauf herein – schlimm genug.

Die fragliche Firma Elda hat nun bei einem meiner Kunden einen Webspace mit Domain geordert und dort den Zugriff auf das Branchenbuch ermöglicht, oder besser gesagt: Es zumindest versucht. Die Seite war nämlich völlig kaputt. Davon abgesehen gab es dort auch keine Eintragungsmöglichkeit – die Abzock-Falle beschränkte sich auf Faxe; im Web war nichts zu erkennen, was rechtlich zu beanstanden gewesen wäre.

Nun findet sich aber eine Website namens verbraucherabzocke.info im Netz, die es sich zum ehrenwerten Ziel gemacht hat, Informationen zu solchen Abzockern zu sammeln und zu veröffentlichen. Da sich die Macher der Seite offensichtlich wiederholt den Aggressionen der Abzocker ausgesetzt gesehen haben, wird diese per anonymem Offshore-Hosting betrieben, sprich: Inhaber der Domain ist nur ein Treuhänder; die Server stehen in irgendeinem Land, in dem es nach Eigenaussage des Hosting-Betreibers praktisch keine Rechtsverfolgung gibt.

Eben jene Macher von verbraucherabzocke.info betätigen sich nun offensichtlich als Detektive: Als seien diese Informationen irgendwie geheim, wird auf der Seite „aufgedeckt“, auf welcher IP-Adresse die böse Website betrieben wird, und man kommt darüber auf den Serverbetreiber (meinen Kunden), den Betreiber des Rechenzentrums und letzten Endes – auf meinen Namen. In fett und rot, und mit vollständiger Adresse. Unter dem Titel „Wer steckt dahinter?“. Nun ist natürlich die technische Verfolgung dieser Kette nicht falsch, auch wenn das auch jeder andere mit profundem Internetwissen hinbekommen hätte. Suggiert wird allerdings durch den Titel des betreffenden Abschnitts der Website und nicht zuletzt durch die besonders hervorgehobene Schreibweise meines Namens, man habe hier gewissermaßen den „Hintermann“ der Elda CBC Srl. aufdecken können (ganz so, als wenn ich mich zuvor irgendwie versteckt hätte). Das ist natürlich grundfalsch. Als technischer Betreiber kann ich ungefähr soviel für die Machenschaften der Elda CBC Srl. wie ein Mobilfunkbetreiber etwas dafür kann, dass sich ein Bankräuber per Handy mit seinem Komplizen verständigt – nämlich genau gar nichts.

Um kurz vorzugreifen: Selbstverständlich heiße ich die Aktivitäten jener Firma Elda keinesfalls für gut – im Gegenteil. Und ich unterstütze grundsätzlich auch jedes Anliegen des Verbraucherschutzes, solchen Firmen das Handwerk zu legen. Allerdings ist eine öffentliche Anprangerung unter Suggerierung falscher Tatsachen dann doch nochmal ein anderes Kaliber.

Nach Rücksprache mit meinem Kunden, bei dem jene Firma Domain und Webspace erworben hatte, entschied jener sich dazu, bis zur Klärung der Rechtslage die Domain vorübergehend zu deaktivieren. Ein mutiger Schritt, denn immerhin ist er seinem Kunden gegenüber vertraglich zur Leistungserbringung verpflichtet, und ich betone nochmal: Im Web hat die Firma meiner Ansicht nach keine Rechtsverletzung begangen. Dass die Firma Elda über ganz andere Kanäle betrügerische Dinge per Fax durchführt, entzieht sich nicht nur unserer Kenntnis, sondern auch unserer Verantwortung und unserer Einflussnahme.

Nun kommt es, wie es kommen muss: Geschädigte stoßen auf die fragliche Internetseite und ziehen genau die Schlüsse, die dort implizit nahegelegt werden, wenngleich nicht explizit ausformuliert. So trudelte dann heute ein Einschreiben eines Geschädigten bei mir ein: „Mein“ Vertragsangebot wird angefochten; ich werde beschuldigt, den Geschädigten „planmäßig, vorsätzlich und arglistig über den wahren und [vom Geschädigten] erwarteten Inhalt […] getäuscht“ zu haben. Angemessene Worte – aber an den falschen Adressaten. Zu weit ging es mir aber dann, als ich lesen musste, dass der Geschädigte „meine Vorgehensweise nebst Unterlagen an die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs weitergeleitet habe“. Meine Hand griff zum Hörer.

Die freundliche Dame, die ich am Telefon hatte, gab unumwunden zu, dieses Schreiben an mich adressiert zu haben, „weil das ja so im Internet steht, dass Sie dahinterstehen“. Ich musste mich bemühen, die Fassung zu wahren. Was bringt Leute bloß dazu, einfach alles zu glauben, was im Netz steht – noch zudem, wenn es auf einer Seite steht, die sich geradezu damit brüstet, kein Impressum zu haben, weil sie nicht in Deutschland gehostet würde und damit nicht dem Teledienstgesetz unterläge?

Das Telefonat verlief freundlich, aber im Ergebnis nicht in meinem Sinne. Zwar konnte ich – so glaube ich – einigermaßen meine Rolle in dieser Angelegenheit vermitteln; darauf, mir ebenso schriftlich wie das zuvor verschickte Einschreiben nun aber auch mitzuteilen, dass man nun doch keine Anschuldigungen gegen mich hätte, keine Forderungen gegen mich geltend machen würde und last but not least auch die Wettbewerbszentrale darüber informieren würde, dass es sich hierbei um eine Falschinformation handelt, wollte sie sich dann aber doch nicht einlassen – dafür könne sie die Situation nicht gut genug einschätzen; sie habe letztlich nur deshalb dieses Schreiben an mich gesendet, weil ihr Anwalt ihr gesagt habe, dass sie das tun solle. Au weia.

Nun, so einfach lasse ich das nicht auf mir sitzen. Wer sich von mir Verständnis und Kooperation erhofft, erreicht das mit einer kurzen Mail oder einem simplen Anruf viel einfacher, als mich mit rechtlichen Schritten und hohen Forderungen zu bedrohen. Aus diesem Grund habe ich nun eine schriftliche Stellungnahme angefordert und dafür eine entsprechende Frist gesetzt. Insbesondere gegen Anschwärzungen bei der Wettbewerbszentrale aufgrund anonymer Beschuldigungen habe ich dann doch was einzuwenden. Wo bleibt eigentlich der gesunde Menschenverstand? Es tut mir ja sehr leid, wenn die nette Frau vor einer Antwort auf mein Schreiben erst nochmal ihren Anwalt konsultieren will (der dafür dann ja sicherlich auch wieder eine Rechnung schreiben wird), aber das hätte nun wirklich von Anfang bis Ende alles nicht sein müssen.


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