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Zum Stand von Maildir-Support bei CentOS 5

Montag, 14. Februar 2011

Wir setzen auf den meisten unserer Server qmail bzw. netqmail als MTA ein und erfreuen uns dabei an den vielen Vorzügen, die das Maildir-Format bietet. Zwar kommt dabei meistens ein zusätzliches Tool wie vpopmail oder vmailmgr zum Tragen, was virtualisierte Mailuser bietet; auf unserer Hosting-Plattform Uberspace.de bieten wir aber ganz offiziellen Support für ein „echtes“ Maildir des betreffenden Systemusers. Die netqmail-Dokumentation erläutert dazu in INSTALL.maildir:

The system administrator can set up Maildir as the default for everybody by creating a maildir in the new-user template directory and replacing ./Mailbox with ./Maildir/ in /var/qmail/rc.

Und so sieht das Setup bei uns dann auch aus: Ein /var/qmail/bin/maildirmake /etc/skel/Maildir legt ein Standard-Maildir an, was beim Anlegen eines neuen Users automatisch in dessen Home-Verzeichnis übertragen wird, und qmail-local stellt Mails, die an den Systemuser adressiert sind, dorthin zu.

Nicht völlig überraschend zeigt sich aber, dass traditionelle Mailboxen in einem zentralen Verzeichnis wie z.B. /var/spool/mail derart fest im Betriebssystem verankert sind, dass es mehr als einen Klimmzug braucht, das System sauber an Maildirs anzupassen. Das fängt schon ganz vorne an:

useradd

Beim Anlegen von Benutzern wird standardmäßig eine (leere) Mailbox in /var/spool/mail/$USER angelegt, bzw. in dem Verzeichnis, das in der /etc/login.defs (siehe dort) via MAIL_DIR angegeben ist. Maildirs werden aber nicht unterstützt; genausowenig Mailboxen, die nicht in einem zentralen Verzeichnis liegen, sondern im Home-Verzeichnis des Benutzers. Dieses Anlegen lässt sich nur über die Einstellung CREATE_MAIL_SPOOL=no in der /etc/default/useradd abschalten – was hier ja durchaus Sinn ergibt, denn durch das Anlegen eines Maildirs in /etc/skel haben wir diesen Punkt ohnehin erledigt. (Mit herkömmlichen Mailboxen funktionierte das nicht, da /etc/skel ja die Vorlage für das Home-Verzeichnis des Users ist, die herkömmlichen Mailboxen aber zentralisiert und damit außerhalb des Home-Verzeichnisses liegen.)

$MAIL

Diese Umgebungsvariable wird von verschiedenen Programmen benutzt, um zu identifizieren, wo denn die Mails eines Users liegen. Hier fackelt CentOS 5 nicht lange – in /etc/profile steht hart kodiert:

if [ -x /usr/bin/id ]; then
        USER="`id -un`"
        LOGNAME=$USER
        MAIL="/var/spool/mail/$USER"
fi

Das ist für unsere Zwecke ergo völlig unbrauchbar. Die /etc/profile selbst anzupassen, empfiehlt sich nicht, weil die Änderungen sonst bei jedem Update des setup-RPMs (zu dem diese Datei gehört) hinfällig wären. Stattdessen bietet sich ein Einzeiler in /etc/profile.d an:

# cat /etc/profile.d/maildir.sh 
export MAIL=~/Maildir/

/etc/login.defs

Die man page der login.defs erklärt offenherzig:

Much of the functionality that used to be provided by the shadow password suite is now handled by PAM. Thus, /etc/login.defs is no longer used by programs such as: login(1), passwd(1), su(1)

Trotzdem ist die Datei noch da und wird von einigen Programmen genutzt. Sie sieht im Kopf wie folgt aus:

# *REQUIRED*
#   Directory where mailboxes reside, _or_ name of file, relative to the
#   home directory.  If you _do_ define both, MAIL_DIR takes precedence.
#   QMAIL_DIR is for Qmail
#
#QMAIL_DIR      Maildir
MAIL_DIR        /var/spool/mail
#MAIL_FILE      .mail

Fängt man erstmal an, an dieser Datei – vermutlich erfolglos – herumzubasteln, bekommt man wirklich graue Haare. Die naheliegendste Variante, nämlich den Eintrag QMAIL_DIR durch Entfernen des Rautenzeichens zu aktivieren, ist überraschenderweise keine gute Idee; dass die man page diese Einstellung gar nicht erwähnt, lässt schon tief blicken. So sieht’s dann nämlich aus:

# useradd dummy
configuration error - unknown item 'QMAIL_DIR' (notify administrator)

Fan-tas-tisch. Die NEWS-Datei der shadow-utils erklärt denn auch, dass die Einstellung aus der login.defs entfernt wurde – und zwar 2005. Interessanterweise kennt die man page auch die Einstellung MAIL_FILE nicht, sondern ausschließlich MAIL_DIR. Sie weiß aber auch gleich zu verkünden, dass nur usermod und userdel diese Einstellung benutzen – und useradd sowieso nicht. Was aber sehen wir in src/useradd.c?

      if (strcasecmp (create_mail_spool, "yes") == 0) {
              spool = getdef_str ("MAIL_DIR") ? : "/var/mail";
              file = alloca (strlen (spool) + strlen (user_name) + 2);
              sprintf (file, "%s/%s", spool, user_name);
              fd = open (file, O_CREAT | O_WRONLY | O_TRUNC | O_EXCL, 0);
              [...]
      }

Ist also glatt gelogen; useradd benutzt die Einstellung sehr wohl. Die man page von useradd bekräftigt das auch und erwähnt nicht nur MAIL_DIR, sondern auch MAIL_FILE und behauptet:

The MAIL_DIR and MAIL_FILE variables are used by useradd, usermod, and userdel to create, move, or delete the user´s mail spool.

Das ist nun wiederum auch gelogen, denn wenn MAIL_FILE statt MAIL_DIR gesetzt ist, macht useradd damit … überhaupt nichts. Und auch usermod und userdel, die beim Löschen eines Users dessen Mailbox aus dem zentralen mit MAIL_DIR angegebenen Verzeichnis löschen, unternehmen in Bezug auf Mail schlicht gar nichts, wenn MAIL_FILE gesetzt ist.

Nun, noch weiter in die Tiefe wollen wir hier nicht gehen. Belassen wir es dabei, dass das, was in der /etc/login.defs steht, das, was in der zugehörigen man page steht, das, was in den man pages von useradd, usermod und userdel steht, und schließlich das, was im Code der shadow-utils steht, erheblich voneinander abweicht und sich oftmals sogar widerspricht – kurz, das Ganze funktioniert nur dann sauber, wenn man exakt den traditionellen Standard benutzt: Mailboxen in einem zentralen Verzeichnis.

mailx

CentOS benutzt das mailx-Paket, um den Befehl mail bereitzustellen. Die meisten kennen den Befehl vornehmlich zu dem Zweck, um auf der Kommandozeile direkt Mails via Pipe versenden zu können (some-command | mail recipient@domain.tld). Allerdings ist mail auch ein Mailreader, der auf die Umgebungsvariable MAIL zurückgreift – was von daher erstaunlich ist, weil diese Variable gerade nicht zu denen gehört, die mail laut man page konsultiert:

Mail utilizes the HOME, USER, SHELL, DEAD, PAGER, LISTER, EDITOR, VISUAL and MBOX environment variables.

Trotzdem wird sie benutzt und zeigt dann auch gleich, wieso hier ohnehin Hopfen und Malz verloren ist:

$ mail
/home/jonas/Maildir/: Is a directory

Das mailx-Paket von CentOS hat also schlicht keinen Maildir-Support. Mit dem aktualisierten Paket, das sich in CentOS 6 findet, wird das offenbar kein Problem mehr sein, aber darum soll es hier ja nicht gehen.

bash

Hier endlich mal ein Lichtblick: Die bash unterstützt die Umgebungsvariable MAIL und kann auch korrekt mit Maildirs umgehen. Sie benutzt es, um standardmäßig alle 60 Sekunden nach neuen Mails zu suchen und den Benutzer zu informieren, und das klappt auch:

$ echo | mail $USER ; sleep 60 ; true
You have new mail in /home/jonas/Maildir/

PAM

Möchte man auch direkt beim SSH-Login über neue Mails informiert werden, so kann dies zeitgemäß mit pam_mail.so erledigt werden. Dazu braucht’s nur eine Zeile (danach sshd-Neustart nicht vergessen, sonst wirkt es nicht):

$ tail -1 /etc/pam.d/sshd 
session    optional     pam_mail.so dir=~/Maildir

Die Angabe von dir ist nötig, weil pam_mail.so ansonsten ganz traditionell in /var/mail nach einer Mailbox oder einem Maildir sucht (mit anderen Worten: Überraschung! Dass evtl. ein anderes Verzeichnis als MAIL_DIR in /etc/login.defs definiert ist, spielt überhaupt keine Rolle). Es erkennt automatisch, ob es eine Mailbox oder ein Maildir ist, denn eine Mailbox wäre ja eine Datei, während ein Maildir ein Verzeichnis wäre. So sieht es dann in der Anwendung aus:

$ ssh jonas@helium.uberspace.de
You have new mail in folder /home/jonas/Maildir.

qmail und Greylisting: Implementierung

Dienstag, 05. Mai 2009

Auf unseren internen System evaluieren wir derzeit den Einsatz von Greylisting mittels qmail. Am Beginn der Suche stand hier zunächst, einen geeigneten Patch zu finden. Genauer gesagt sind es gleich mehrere. Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Die finale Struktur sieht wie folgt aus …

  1. qmail-smtpd wird derart gepatcht, dass es bin/qmail-envelope-scanner aufruft. Der Patch hierfür ist klein und überschaubar und agnostisch, was den eigentlichen die Header beurteilenden Vorgang betrifft. Er sorgt lediglich dafür, dass der Exitcode von qmail-envelope-scanner ausgewertet wird und dementsprechend qmail-smtpd dann einen temporären oder permanenten Fehler zurückliefert. Einen Autor für diesen Patch habe ich nicht finden können; Jeremy Kusnetz hat offensichtlich die „beste“ Version aus verschiedenen Schnipseln zusammengesetzt, die auf der Mailingliste herumgingen.
  2. Der eigentliche qmail-envelope-scanner stammt von Martin Dempsey. Martin hatte zunächst local_scan als Greylisting-Erweiterung für Exim entwickelt. Als Standalone-Tool war es aber nicht weit davon entfernt, auch von qmail aus genutzt zu werden. Der qmail-envelope-scanner ist nur ein Wrapper (33 Zeilen) um das eigentliche local_scan herum.

Die aus meiner Sicht praktikabelste Zusammenstellung der Patches stammt schließlich von Bill Shupp. Wer hier weiter nach unten scrollt, findet dort den Abschnitt „EXPERIMENTAL: greylisting patch“. Er fasst die beiden obigen Patches zusammen mit einem Patch für das Makefile von netqmail-1.05 zusammen.

Bei uns waren noch zwei Änderungen nötig, die jedoch spezifisch für das von uns eingesetzte CentOS sind:

  • Der Verweis auf /usr/lib/libmysqlclient.a im Makefile muss auf /usr/lib/mysql/libmysqlclient.a geändert werden, da die Bibliotheken bei CentOS in diesem Unterverzeichnis liegen.
  • In conf-cc muss noch ein „-lssl“ ergänzt werden, da die libmysqlclient bei CentOS mit SSL-Support kompiliert wurde und sich von daher nicht benutzen lässt, wenn nicht auch gleichzeitig gegen die OpenSSL-Library gelinkt wird.

Ansonsten müssen nur noch Bills Anweisungen befolgt werden: Es sollte ein periodischer Job eingerichtet werden, der veraltete Einträge aus der Datenbank entfernt werden, und es muss eine Tabelle für die Daten angelegt werden.

Die Konfiguration kann in dieser Version sehr praktisch – Dank an Joshua Megerman – durch Umgebungsvariablen geregelt werden, für die ich empfehlen würde, sie in /service/qmail-smtpd/run unterzubringen. Bei dieser Gelegenheit würde ich auch die Expire-Werte anpassen, da mir ein erstes Akzeptieren eines Tripels erst 55 Minuten nach dem ersten Zustellversuch doch reichlich spät erscheint:

export MYSQLHOST="..."
export MYSQLUSER="..."
export MYSQLPASS="..."
export MYSQLDB="..."
# minutes until email is accepted
export BLOCK_EXPIRE="5"
# minutes until record expires
export RECORD_EXPIRE="500"
# days until record expires after accepting email
export RECORD_EXPIRE_GOOD="36"
export LOCAL_SCAN_DEBUG="1"

(Hier würde sich empfehlen, die Zugangsdaten zu MySQL in einem separaten Shellscript auszulagern, das dann sowohl vom rund-Script als auch vom Aufräumjob eingebunden wird. Ich hab’s nicht so gern, wenn Daten auf zig Orte verstreut werden.)

Erstes Ergebnis: Nur rund 1,5 Prozent aller Zustellversuche werden wiederholt. Es ist also davon ausgehen, dass die restlichen 98,5 Prozent in erster Linie Spammer sein werden. Wir bleiben dran.


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